Darmspiegelung zur Zöliakiediagnose bei jedem 2. Kind nicht notwendig
Eine Zöliakie wird in der klinischen Praxis bisher auf Basis von Antikörpern und einer Dünndarmbiopsie diagnostiziert. 2012 veröffentlichte die „European Society of Pediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition“ (ESPGHAN) eine Leitlinie, nach der bei Kindern auf eine Biopsie bei bestimmten Untersuchungsergebnissen verzichtet werden kann. Eine groß angelegte Studie von Werkstetter et al. prüfte nun die Genauigkeit dieses Ansatzes, der allein auf Symptomen, Gewebstransglutaminase-Antikörpern (TGA) über dem 10-fachen des Normgehalts, Endomysium-Antikörpern (EMA) sowie dem Nachweis der genetischen Risikofaktoren HLA-DQ2 bzw. -DQ8 beruht.
In 33 Gastroenterologie-Zentren in Europa und dem Nahen Osten wurden Kinder mit Verdacht auf Zöliakie untersucht. Zu den Analysen der lokalen Labore zählten u. a. die Messungen der Konzentrationen von TGA und EMA sowie die Bestimmung des genetischen Risikotyps. Des Weiteren wurden alle Symptome erfasst und eine Dünndarmbiopsie durchgeführt. In die Studie wurden anonymisierte Daten von 707 Kindern im Alter von sechs Monaten bis 18 Jahren eingeschlossen. Ein zentrales Labor führte alle Tests mit standardisierten Methoden wiederholt durch. Um die Tauglichkeit der neuen Methode zu überprüfen, wurde zunächst mit der Standardmethode aus Labortests, Dünndarmbiopsie und Anamnese ermittelt, bei welchen Kindern eine Zöliakie vorlag. Bei 645 Kindern konnte eine Zöliakie bestätigt werden. 46 Kinder hatten keine Zöliakie, bei 16 waren die Resultate unklar. Die Wissenschaftler berechneten anschließend, wie viele Zöliakiefälle allein mittels der Antikörper- bzw. Risikotyp-Nachweise und eventuell weiterer Marker in der klinischen Praxis korrekt als erkrankt klassifiziert worden wären. Dies wird als positiver Vorhersagewert bezeichnet.
Die Ergebnisse zeigten, dass der positive Vorhersagwert für den TGA-Gehalt, über dem 10-Fachen des Normwerts, bei 99,13 Prozent lag. Wurden zusätzlich die Nachweise von EMA sowie nicht näher definierter Symptome hinzugezogen, konnten 99,75 Prozent der 399 Kinder mit diesen Untersuchungsergebnissen korrekt als Zöliakiefälle identifiziert werden, bei Ausschluss der 16 Probanden mit unklaren Untersuchungsergebnissen lag er bei 99,76 Prozent. Das Einbeziehen des genetischen Risikotyps steigerte die Anzahl korrekt zugeordneter Zöliakiefälle hingegen nicht.
Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass eine Zöliakie beim Vorliegen eines 10-fach erhöhten TGA-Gehalts, EMA-Nachweis sowie mindestens eines nicht näher definierten Symptoms zuverlässig identifiziert werden kann. Diese Kombination lag bei 56,4 Prozent der Kinder vor, bei denen somit auf eine Dünndarmbiopsie verzichtet werden kann. Erst wenn diese Kriterien nicht erfüllt sind, muss die Biopsie durchgeführt werden. Auf die Bestimmung des genetischen Risikotyps kann bei Kindern hingegen verzichtet werden. Die Studie belegt darüber hinaus die Praxistauglichkeit des Ansatzes. Denn die verwendeten Analyseergebnisse entstammen einer Vielzahl verschiedener Testverfahren, Labore und Länder.