Risikofaktoren für anhaltende Zottenatrophie bei Zöliakie
Bei einer unbehandelten Zöliakie kommt es zu einer Zottenatrophie. Die im Normalfall dicht gefalteten Darmzotten flachen ab und können Nährstoffe nur vermindert aufnehmen. Wird eine glutenfreie Diät eingehalten, erholen sich die Darmzotten wieder. Auch die individuellen Symptome der Zöliakie verbessern sich. Bleiben dennoch Symptome bestehen, spricht man von einer symptomatischen Zöliakie. Aus noch unbekannten Gründen bildet sich auch die Zottenatrophie nicht bei allen Patienten zurück. Dies kann schwere gesundheitliche Folgen wie Osteoporose oder Tumorerkrankungen haben. Mahadev et al. haben nun mögliche Risikofaktoren für das Fortbestehen einer Zottenatrophie erforscht.
Die Wissenschaftler nutzten dazu Erhebungen aus der internationalen CeliAction-Studie. Im Rahmen dieser Studie wurden bei 1.345 Patienten mit symptomatischer Zöliakie Dünndarmbiospien durchgeführt. Zudem wurden Daten zu Demographie, zur Art der Symptome sowie zur Medikamenten-Einnahme mit den serologischen Befunden in Beziehung gesetzt. Dabei wurden mittels statistischer Methoden mögliche Risikofaktoren für eine fortbestehende Zottenatrophie untersucht. Bei 38 Prozent der Studienteilnehmer wurde eine anhaltende Zottenatrophie nachgewiesen. Die Forscher identifizierten ein höheres Alter als Hauptrisikofaktor. So war das Risiko einer verbleibenden Zottenatrophie bei den über 70-Jährigen 4-mal höher als bei den 18 – 29-Jährigen. Des Weiteren konnten für drei Medikamenten-Klassen signifikante Risiko-Erhöhungen zwischen 60 und 74 Prozent nachgewiesen werden. Dabei handelte es sich zum einen um entzündungshemmende Schmerzmittel, wie Aspirin und Ibuprofen. Zum anderen bestand ein höheres Risiko bei der Einnahme von bestimmten Antidepressiva sowie von Medikamenten gegen Sodbrennen und Magengeschwüre. Eine längere Durchführung der glutenfreien Diät scheint hingegen ein protektiver Faktor zu sein. Ab einer Dauer von über 2 Jahren zeigte sich eine Risikosenkung um 60 Prozent. Signifikante Zusammenhänge zwischen bestimmten Symptomen der Patienten und der Zottenatrophie wurden nicht beobachtet. Die Wissenschaftler werteten zusätzlich die serologischen Befunde der Studienteilnehmer aus. Hier konnte beobachtet werden, dass ein möglicher Zusammenhang mit einem spezifischen IgG Antikörper (gegen deamidierte Gliadinpeptide) bestehen könnte. Erhöhte Werte dieses Antikörpers entsprachen einem 5,5-fach höheren Risiko einer anhaltenden Zottenatrophie.
Zusammenfassend identifizierten die Wissenschaftler drei Medikamenten-Klassen, die das Risiko einer anhaltenden Zottenatrophie erhöhen könnten. Bei Zöliakie-Patienten ist dies ein gänzlich neuer Befund. Laut der Forschergruppe könnte neben einer direkten Beeinflussung der Darmzotten, auch eine Veränderung des Darmmikrobioms durch die Medikamente ursächlich sein. Des Weiteren wurde im höheren Alter eine Steigerung des Risikofaktors ermittelt. Die längere Dauer der glutenfreien Diät scheint hingegen protektiv wirken zu können. Zudem könnte sich ein erhöhtes Level an IgG Antikörpern gegen deamidierte Gliadinpeptide als Blutmarker für eine andauernde Zottenatrophie nutzen lassen, so die Forscher. Einen Zusammenhang zur Verlaufsform der symptomatischen Zöliakie bzw. bestimmten Symptomen konnten die Forscher hingegen nicht feststellen. In weiterführenden Studien soll nun insbesondere der Einfluss der Medikamente auf die Heilung der Darmschleimhaut genauer untersucht werden.