Zöliakie 30 Jahre nach der Diagnose: wie steht es um die glutenfreie Ernährung?
Trotz des stetigen Wachstums des glutenfreien Lebensmittelmarktes und der zunehmenden Verfügbarkeit entsprechender Produkte bleibt die glutenfreie Diät (GFD) jedoch weiterhin sehr restriktiv und führt dadurch zu sozialer Belastung und schlechter Compliance, insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Das Ziel dieser Studie war es, die Rate und Genauigkeit der Einhaltung der glutenfreien Ernährung einer Patienten-Kohorte rückblickend über mindestens 30 Jahre zu analysieren. Darüber hinaus wurde die Rate der Teilnahme an regelmäßigen klinischen Folgeprogrammen geprüft sowie klinische, histologische und demographische Daten erfasst. Des Weiteren wurden Symptome zwischen Patienten, die an der glutenfreien Ernährung festhielten und Patienten, die regelmäßig Gluten mit ihrer Nahrung aufnahmen, verglichen. Sowohl bei den Patienten als auch beim Pflegepersonal wurden außerdem das Bewusstsein zur glutenfreien Ernährung und das Wissen zu glutenfreien Ernährung und Produkten erfasst. Je höher die Punktzahl ausfiel, desto schlechter war die Einhaltung der glutenfreien Ernährung und das Ernährungswissen.
Unter den 337 Zöliakie-Patienten waren 197 (58 % davon Frauen) für weitere Analysen geeignet. Entsprechend ihrer Angaben zur Einhaltung der glutenfreien Ernährung wurden diese in drei Gruppen eingeteilt: 133 (67 %) der Zöliakie-Patienten berichteten, dass sie die GFD einhielten, 29 (15 %) gaben an, sich nicht immer an die glutenfreie Ernährung gehalten zu haben und 35 (18 %) verzehrten regelmäßig glutenhaltige Nahrungsmittel. Fast alle (94 %) Patienten erhielten ihre Diagnose im pädiatrischen Alter (0 – 18 Jahre), davon 65 % im Alter von unter 3 Jahren. Die drei Gruppen zeigten weder bei der Zöliakie-Diagnose noch beim Follow-up einen signifikanten Altersunterschied. Es wurden keine signifikanten Unterschiede in den demographischen Daten zum Zeitpunkt der Diagnose gefunden. Außerdem wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen hinsichtlich der Familienanamnese im Zusammenhang mit Zöliakie, der Symptome und der Histologie bei der Diagnose festgestellt. In allen drei Gruppen überwog das klassische Symptomspektrum. Obwohl die mangelnde Einhaltung der glutenfreien Ernährung der wichtigste Prädiktor für das Fortbestehen von Schleimhautläsionen bei der Verlaufshistologie ist, zeigte ein Teil der Patienten trotz dauerhafter Gluten-Aufnahme keine Verschlechterung der Zottenatrophie und keine Erhöhung der Mortalität. Zwanzig Patienten der Gruppe, die regelmäßig Gluten aufnahmen, wiesen eine normale duodenale Histologie auf.
Weitere Autoimmunerkrankungen wurden unabhängig von dem Einhalten der glutenfreien Diät diagnostiziert. Die Auswertung des Fragebogens ergab für die Patienten, die die glutenfreie Diät befolgten, eine geringere Punktzahl, was neben der strikten Einhaltung der glutenfreien Diät ein fundiertes Wissen über glutenfreien Ernährung widerspiegelt.
Die Studie zeigte, dass der größte Anteil der Zöliakie-Diagnosen im Kindheitsalter stattfindet und eine schlechte Einhaltung der glutenfreien Diät der wichtigste Prädiktor für das Fortbestehen von Schleimhautläsionen bei Follow up-Endoskopien darstellt. Es wurde andererseits auch aufgezeigt, dass der regelmäßige Konsum glutenhaltiger Nahrungsmittel zu keiner Verschlechterung einer Zottenatrophie führte. Die langfristigen Follow-up-Daten ergaben, dass die Inzidenz von mit Zöliakie assoziierten Komplikationen gering ist. Mittels eines speziell entwickelten Fragebogens wurde ermittelt, dass ein gewisser Grad an Wissen über die glutenfreie Ernährung beim Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter verloren geht.