Ballaststoffe als natürliche Appetitzügler

Übergewicht und damit verbundene Folgeerkrankungen nehmen weltweit zu. Neben der genetischen Prädisposition spielt insbesondere die Ernährung eine entscheidende Rolle. In der modernen Ernährung ist der Anteil an Ballaststoffen vielfach geringer, als es noch in der Steinzeit war. Verschiedenen Studien zufolge führt eine gesteigerte Ballaststoffzufuhr zu einem verminderten Hungergefühl. Ein möglicher Mechanismus wurde nun im Tiermodell beschrieben.

Innerhalb der Studie wurde Mäusen eine fettreichen Diät verabreicht. Diese wurde entweder mit Inulin oder Cellulose angereichert. Cellulose ist ein Ballaststoff, der im Gegensatz zu Inulin im Verdauungstrakt weder durch Verdauungsenzyme noch mikrobiell aufgeschlossen werden kann. Die Ergebnisse der Forscher zeigten, dass nach acht Wochen das Gewicht der mit Inulin gefütterten Mäuse signifikant geringer war als das der mit Cellulose gefütterten Mäuse. Die Wissenschaftler dokumentierten, dass die mit Inulin gefütterten Mäuse eine signifikant geringere Menge an Futter zu sich genommen hatten.

Die Untersuchung des Darminhalts zeigte eine signifikant erhöherte Menge der kurzkettigen Fettsäure Acetat bei den mit Inulin gefütterten Mäuse. Um die Rolle der Acetate und eine mögliche appetitzügelnde Wirkung zu untersuchen wurde Mäusen eine Acetat-Lösung in den Darm oder in den Blutkreislauf injiziert. Anschließend beobachteten die Forscher das Fressverhalten der Mäuse. Für mehrere Stunden war der Appetit der Mause gedämpft, während ihr sonstiges Verhalten und auch der Zuckerstoffwechsel unverändert blieben. Die genauere Untersuchung des Gehirns zeigte, dass Acetat die Blut-Hirn-Schranke durchdringen kann und im Hypothalamus angereichert wurde. Der Hypothalamus ist eine Gehirnregion mit einer maßgeblichen Rolle an der Nahrungsaufnahme und der Steuerung des Hungergefühls. Die Untersuchung verschiedener Neuropeptide zeigte, dass Proopiomelanocortin, ein Protein und Prohormon mit appetitsenkender Wirkung, vierfach erhöht vorlag. Andere Neuropeptide, die eine appetitanregende Wirkung haben, lagen in geringen Konzentrationen vor. Den Beobachtungen der Forscher zufolge, kann Acetat eine direkte Rolle in der zentralen Regulation des Appetits zugeschrieben werden.

Durch intensive Grundlagenforschung formt sich das Bild eines komplexen Zusammenspiel von Hormonen und Botenstoffen, die Appetit und Sättigung und somit die Energieaufnahme des Körpers regeln. Bestätigen sich diese Effekte auch beim Menschen, könnte neben einer Erhöhung des Ballaststoffanteils in der Ernährung auch Acetat therapeutisch bei Übergewicht genutzt werden.

Besonders interessant ist diese Entdeckung für Menschen, bei denen eine ballaststoffreiche Ernährung zu Verdauungsproblemen führt.

Quelle: G. Frost et al.: The short-chain fatty acid acetate reduces appetite via a central homeostatic mechanism, Nat Commun. April 2014, Volume 5, Article number: 3611, www.nature.com/ncomms/2014/140429/ncomms4611/full/ncomms4611.html