Posttraumatischer Stress begünstigt das Risiko für ein Reizdarmsyndrom
In Westeuropa sind 11,5 % der Bevölkerung von einem Reizdarmsyndrom betroffen. Typische Symptome sind Bauchschmerzen, Druck- und Völlegefühl sowie Verstopfungen oder Durchfälle. Eine eindeutige Ursache für diese Beschwerden konnte bisher nicht identifiziert werden. Offensichtlich ist, dass Frauen häufiger von einem Reizdarmsyndrom betroffen sind. Es ist bekannt, dass psychologischer Stress die Entstehung eines Reizdarms begünstigt. Dementsprechend häufig werden Antidepressiva im Rahmen der Therapie verabreicht. Das Risiko, ein Reizdarmsyndrom zu entwickeln, ist für Weiße gegenüber Afroamerikanern um das 2,5-fache erhöht. Für diese Bevölkerungsgruppe wurde der Zusammenhang zwischen posttraumatischen Störungen und dem Reizdarmsyndrom bisher noch nicht erforscht.
In der aktuellen Studie erfassten Wissenschaftler deshalb anhand von Fragebögen Daten zur Lebensqualität sowie zu posttraumatischem Stress nach einem Trauma bei Reizdarmpatienten im Vergleich zu gesunden Probanden. Die Studie umfasste eine definierte Kohorte von 419 Afroamerikanern. Anhand der Rom-III-Kriterien wurden die Teilnehmer mit Reizdarmsyndrom identifiziert. 81,9 % der betroffenen Probanden waren weiblich.
Anhand von Berechnungen ermittelten die Wissenschaftler, dass das weibliche Geschlecht, ein Lebensalter über 40 Jahre, ein höheres Bildungslevel sowie eine Ehescheidung unabhängige Risikofaktoren für die Entwicklung eines Reizdarms waren. Patienten mit Reizdarmsyndrom konsumierten häufiger übermäßig viel Alkohol und litten in ihrem Leben signifikant häufiger unter posttraumatischem Stress.
Traumatische Erlebnisse stellen beispielsweise Missbrauch in der Kindheit oder gewalttätige Angriffe dar. Die Reizdarmpatienten in dieser Studie litten signifikant häufiger unter moderaten bis schweren Depressionen und Angststörungen gegenüber der Kontrollgruppe. 73 % der Probanden mit Reizdarm gaben an, von moderaten bis starken Depressionen betroffen zu sein, während in der Kontrollgruppe nur 36 % unter Depressionen litten. 13,5 % der Probanden mit Reizdarm nahmen Antidepressiva ein, während dies bei nur 8,3 % der Fall war.
Ein ähnliches Ergebnis zeigte sich bei Angststörungen. Auch hier berichteten signifikant mehr Probanden mit Reizdarm über Ängste (51 %) als gesunde Probanden (8,3 %). Die Auswertungen ergaben außerdem, dass Frauen im Vergleich zu Männern stärker mit posttraumatischen Erlebnissen zu kämpfen hatten.
Laut der Wissenschaftler könnten verschiedene Ursachen für die Verbindung zwischen Reizdarmsyndrom und posttraumatischen Störungen verantwortlich sein. Die Pathogenese des Reizdarms hängt von psychosozialen, genetischen, hormonellen, entzündlichen oder infektiösen Prozessen ab. Auch eine viszerale Überempfindlichkeit und das Nervensystem zählen zu den begünstigenden Faktoren eines Reizdarms. Das vermehrt unter Stress ausgeschüttete Corticotropin-releasing Hormone (CRH) reguliert unter anderem die Darmmotilität und stimuliert darüber hinaus die Ausschüttung von Adrenocorticotropin, einem weiteren Stresshormon. Verschiedene im Vorfeld durchgeführte Studien lieferten Hinweise darauf, dass die exogene Gabe von CRH zu einer übermäßigen Darmmotilität bei Reizdarmpatienten im Vergleich zu gesunden Probanden führte.
Auch wenn diese Erkenntnisse nur auf Befragungen basieren und nicht durch konkrete Untersuchungen belegt wurden, liefern sie wichtige Anhaltspunkte dafür, dass psychischer Stress die Entstehung eines Reizdarmsyndroms begünstigt. Eine Psychotherapie, gerade zu Beginn der Diagnose, könnte die Behandlung sinnvoll ergänzen und die Lebensqualität verbessern.