Diabetes mellitus Typ 2: Schutz bei familiärer Hypercholesterinämie?
Familiäre Hypercholesterinämie (FH) ist eine erbliche Störung des Lipidstoffwechsels, bei der ein genetischer Defekt des LDL-Rezeptors (low density lipoprotein receptor), des Apolipoproteins B-100 oder der Protease PCSK9 vorliegt. Der Schweregrad der Erkrankung ist u.a. von dem Ausmaß des molekularen Defektes sowie von zusätzlichen Risikofaktoren (z.B. Ernährung und Lebensstil) abhängig. Durch Veränderungen des Erbmaterials kann das LDL nicht oder nur in einem geringeren Umfang von den Leberzellen aufgenommen werden, was bei den Betroffenen zu einem erhöhten LDL-Blutspiegel führt und kardiovaskuläre Erkrankungen zur Folge haben kann. Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang zwischen FH und einem vermindertem Risiko an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkanken. Dieser Zusammenhang wurde in einer aktuellen Studie untersucht.
Im Rahmen dieser Studie wurden im Zeitraum zwischen 1994 und 2004 insgesamt 63.320 Patienten auf eine FH getestet. Bei 25.137 dieser Patienten wurde die Erkrankung diagnostiziert. Die Kontrollgruppe bestand aus 38.183 Verwandten, die nicht von einer FH betroffen waren. Nur 1,75 % der Teilnehmer mit einer FH waren an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankt, von den Verwandten ohne FH waren hingegen 2,93 % von Diabetes mellitus betroffen.
Die Auswertungen zeigen außerdem, dass der Schweregrad der FH sowie die genetische Veränderung des betroffenen Gens mit der Diabetesrate korreliert. Bei Veränderungen im Apolipoprotein B wiesen die betroffenen FH-Patienten im Verhältnis zu gesunden Probanden nur einen geringfügig veränderten LDL-Cholesterinspiegel auf. Die Studienergebnisse weisen darauf hin, dass der durch den LDL-Rezeptor vermittelte Cholesterin-Transport in die Zelle an der Pathogenese von Diabetes mellitus Typ 2 beteiligt ist und sich auf die Funktion der Betazellen auswirken könnte. Liegt eine FH vor, scheinen die insulinproduzierenden Zellen vor der möglicherweise schädlichen Wirkung geschützt zu sein.
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass Betroffene mit einer FH im Vergleich zu Gesunden ein reduzierteres Risiko aufweisen, an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken, wird das individuelle Risiko für die Stoffwechselerkrankung nur geringfügig beeinflusst. Wissenschaftilchen Empfehlungen zufolge sollten für die Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 weitere Therapiestrategien entwickelt werden, die nicht nur die Insulinproduktion der Betazellen steigern, sondern auch auf die Funktionsfähigkeit und auf das Überleben dieser Zellen abzielen.