Birkenpollen: Fehlende Eisen-Beladung macht Proteine zu Allergenen

Laut dem Deutschen Allergie- und Asthmabund leiden in Deutschland rund 16 % der Bevölkerung an einer Pollenallergie und damit verbundenen Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Eines der bekanntesten Allergene ist das Birkenpollenprotein "Bet v 1" aus Betula verrucosa, welches als gut untersuchtes Allergenmodell in der aktuellen Studie verwendet wurde. 95 % der Menschen mit einer Birkenpollenallergie reagieren darauf mit der Bildung von Antikörpern (IgE-Immunglobuline), die allergische Reaktionen wie Schnupfen, Asthma oder Juckreiz auslösen.

Anhand von Strukturanalysen konnten die Forscher nachweisen, dass "Bet v 1" dem menschlichen Protein Lipocalin 2 strukturell sehr ähnlich ist. Lipocalin 2 liegt in der Lunge stark exprimiert vor und hat eine immunmodulatorische Funktion. Beide Proteine besitzen molekulare Taschen, mit denen sie Eisen an sich binden können. Wie molekulare und immunologische Untersuchungen zeigten, hängt die physiologische Antwort auf die Proteine von ihrer Eisenbindung ab. Ist kein Eisen in der Eisenbindetasche gebunden, wird "Bet v 1" zum Allergen. Als Folge wurden die Immunzellen T-Helfer2-Zellen (Th2-Zellen) in Richtung Allergie manipuliert. Th2-Zellen spielen eine Rolle bei allergischen Reaktionen und der Bekämpfung von Parasiten. Th1-Zellen wehren dagegen bakterielle und virale Infekte ab. Oftmals ist bei Allergikern die Balance zwischen Th1-Zellen und Th2-Zellen gestört.

Derzeit untersuchen die Wissenschaftler Mechanismen, die zu einer geringeren Eisen-Beladung des Proteins beitragen können. Als mögliche Ursache der geringen Eisenbindung werden verschärfte Umweltbedingungen betrachtet, da es einen möglichen Zusammenhang zwischen den Umweltbedingungen und steigenden Allergiezahlen gibt.

Die Ergebnisse weiterführender Arbeiten deuten darauf hin, dass das Prinzip des Birkenpollen-Allergens auch auf andere Allergene mit ähnlicher molekularer Struktur übertragbar ist. So wurde für das Hauptallergen der Kuhmilch ein ähnlicher Mechanismus entdeckt.

Die Ergebnisse könnten einen ersten Hinweis darauf geben, warum Allergien gegen Pollen, Nahrungsmittel und Pilzsporen überhaupt entstehen. Die Wissenschaftler kommen auf Basis ihrer Studienergebnisse zu dem Schluss, dass es in Zukunft Sinn machen würde, allergene Moleküle vom Typ "Bet v 1" gezielt mit Eisen zu beladen, wenn sie für die Immuntherapie bei Allergikern eingesetzt werden. Auf diese Weise ließe sich die Therapie, die heute noch zwei bis vier Jahre dauert, verkürzen und effizienter gestalten.

Quelle: Roth-Walter et al.: Bet v 1 from Birch Pollen is a Lipocalin-like Protein acting as Allergen only when devoid of Iron by promoting Th2 lymphocytes, Journal of Biological Chemistry (doi: 10.1074/jbc.M114.567875)