Neue Serummetabolite zur Vorhersage des Diabetes Mellitus Typ 2 - Risikos identifizeirt

„Metabolomik“ umfasst die simultane Analyse (Identifizierung und Quantifizierung) verschiedener Metabolite, die durch verbesserte analytische Methoden möglich geworden ist. Metabolite sind niedermolekulare Komponenten und kommen als Zwischen- oder Endprodukte des Stoffwechsels vor, womit sie den Stoffwechsel-Status charakterisieren.

In der vorliegenden Studie wurde im Rahmen von zwei großen prospektiven Kohortenstudien ein Serum-Metabolit-Profil mit 163 Metaboliten von Menschen erstellt, die zu Beginn des Beobachtungszeitraums nicht an Diabetes mellitus Typ 2 (T2D) erkrankt waren. Während des Follow-ups wurden Probanden identifiziert, die einen T2D entwickelten. Daraufhin wurden Zusammenhänge zu den Metaboliten hergestellt.

An der ersten Studie, der „European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition Potsdam“-Studie (EPIC) nahmen 27.548 Probanden teil, die zum Zeitpunkt der Rekrutierung (1994 bis 1998) zwischen 35 und 65 Jahre alt waren. Bis August 2005 entwickelten 849 Probanden einen T2D. Als Kontrolle dienten die Untersuchungsdaten einer zufällig ausgewählten repräsentativen Sub-Kohorte, bestehend aus 2.282 Teilnehmern.

Als zweite Untersuchung wurden Daten der „Cooperative Health Research in the Region of Augsburg“-Studie (CORA) herangeogen. Innerhalb der ausgewählten Sub-Kohorte mit 876 Probanden im Alter von 55 bis 74 Jahren entwickelten 91 Teilnehmer im Beobachtungszeitraum von 7 Jahren einen T2D.

Ein erhöhtes Risiko für einen T2D bestand bei erhöhten Konzentrationen von:

·         Hexose
·         Phenylalanin
·         Diacylphosphatidylcholin C32:1, C36:1, C38:3, C40:5.

Das T2D-Risiko war ebenfalls erhöht bei erniedrigten Konzentrationen von:

·         Glycin
·         Sphingomyelin C16:1
·         Acyl-Alkylphosphatidylcholin C34:3, C40:6, C42:5, C44:4, C44:5
·         Lysophosphatidylcholin C18:2.

Jeder dieser Parameter war unabhängig von den anderen mit dem Diabetes-Risiko assoziiert.

Ein erhöhtes Risiko für T2D bestand außerdem bei erhöhten Konzentrationen an den Aminosäuren Phenylalanin, Isoleucin, Tyrosin und Valin, womit ältere Studienergebnisse bestätigt werden konnten. Abgesehen von Phenylalanin bestand der Zusammenhang zum T2D-Risiko allerdings nur für die Kombination der genannten Aminosäuren.

Die Forscher nennen verschiedene mögliche Ursachen für den Zusammenhang zwischen dem Spiegel der Aminosäuren und dem T2D-Risiko. Möglich ist ein Einfluss der Aminosäuren auf den Kohlenhydratstoffwechsel, wonach verzweigtkettige Aminosäuren die Neubildung von Glukose (Gluconeogenese) fördern könnten und ein erniedrigter Glycin-Spiegel ebenfalls Folge der Gluconeogenese sein könnte, da Glycin eine sogenannte glucogene Aminosäure ist, aus der Glukose gebildet werden kann. 

Auch cholinhaltige Phospholipide waren mit dem T2D-Risiko assoziiert. Diese sind Bestandteile aller Lipoproteine sowie der Zellmembran und könnten somit an der Signaltransduktion beteiligt sein. Auffällig ist, dass Phosphatidylcholine mit kürzeren Fettsäuren und wenigen Doppelbindungen mit einem erhöhten T2D-Risiko assoziiert waren, wohingegen Phosphatidylcholine mit längeren Fettsäuren und mehreren Doppelbindungen für ein geringeres Risiko sprachen. Auch die Art der Bindung zwischen dem Glycerinrückgrat und den Seitenketten (Ester oder Ether) könnte von Bedeutung für die Vorhersage des T2D-Risikos sein, denn ein höherer Acyl-Alkylphosphatidylcholin-Spiegel war mit einer verbesserten Insulinsensitivität assoziiert. Für Diacylphosphatidylcholine konnte dieser Zusammenhang nicht hergstellt werden.

Insgesamt könnten die identifizierten Metabolite in der klinischen Praxis zur verbesserten und früheren Identifikation von Hoch-Risiko-Patienten genutzt werden, um die Krankheitsentstehung aufzuhalten oder ganz davor zu schützen. Auch könnten die Metabolite als Marker für spezielle Stoffwechselfehler genutzt werden, um so individuelle therapeutische Strategien zu entwickeln.

Erklärungen zu Phosphatidylcholinen

Phosphatidylcholine sind amphiphile Substanzen, das heißt, sie haben sowohl einen hydrophoben als auch einen hydrophilen Molekülteil. Diese Struktur ist Vorraussetzung für den Aufbau von Zellmembranen.

Phosphatidylcholine bestehen aus Glycerin, dessen drittes Kohlenstoffatom über einen Phosphatrest mit Cholin verbunden ist (hydrophiler Molekülteil). Bei Diacylphosphatidylcholinen sind die Kohlenstoffatome der Positionen 1 und 2 je mit einer Fettsäure verestert. Acyl-Alkyl-Phosphatidylcholine sind mit einer Fettsäure (Ester) und einer Alkylkette (Ether) verbunden (hydrophober Molekülteil).

Sphingomyeline sind ähnlich aufgebaut, allerdings ist nicht Glycerin sondern Sphingosid das Grundgerüst, an das Phosphocholin und eine Fettsäure gebunden sind.

Die Abkürzung Cxx:x charakterisiert das Molekül im Hinblick auf die Fettsäuren. C32:1 bedeutet beispielsweise, dass in den Seitenketten insgesamt 32 Kohlenstoffatome und eine Doppelbindung enthalten sind.

Quelle: Floegel, A. et al. (2012): Identification of serum metabolites associated with risk of type 2 diabetes using a targeted metabolomic approach. Diabetes October 4, 2012, doi: 10.2337/db12-0495.
http://diabetes.diabetesjournals.org/content/early/2012/09/25/db12-0495.abstract