Diabetes mellitus Typ 2 könnte das Gehirn schneller altern lassen
Dass Diabetes mellitus Typ 2 langfristig die Leistungsfähigkeit des Gehirns beeinflussen kann ist bekannt. Bisher wurden die Leistungseinbußen des Gehirns auf eine vaskuläre Demenz zurückgeführt, die durch kleine punktförmige Hirninfarkte bei einer fortschreitenden Arteriosklerose entstehen kann. Die Ergebnisse der nachfolgenden aktuellen Studie deuten jedoch auf andere Ursachen hin.
Im Rahmen der Studie haben Wissenschaftler die Dauer der Diabetes-Erkrankung und die Höhe des Blutzuckerwertes in nüchternem Zustand mit der Größe des Gehirns verglichen. Dazu wurde auf Daten von 614 Patienten aus der Studie "Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes" zurückgegriffen. Alle Probanden waren mindestens 55 Jahre alt und litten durchschnittlich seit 9,9 Jahren an Diabetes mellitus Typ 2.
Zu Beginn der Studie wurde das Gehirn der Probanden im Kernspintomographen untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass das Gehirn umso kleiner wurde, je länger der Patient an Diabetes mellitus Typ 2 litt und je höher sein Blutzuckerspiegel war. Statistisch signifikante Unterschiede wurden für die graue Hirnsubstanz festgestellt. Diese besteht hauptsächlich aus Nervenzellen, während sich die weiße Hirnsubstanz vorwiegend aus Nervenfasern zusammensetzt. Berechnungen ergaben, dass pro 50 Einheiten niedrigerer Blutzuckerwerte das Volumen der grauen Hirnsubstanz um 2,65 cm3 stieg. Über einen Zeitraum von 10 Jahren betrachtet, verloren Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 im Durchschnitt 4,28 cm3 von 463,9 cm3 ihrer grauen Hirnsubstanz. Das entspricht einer beschleunigten Alterung von zwei Jahren im Vergleich zu gesunden Menschen.
Innerhalb der Studie wurde bei den Probanden zudem keine Zunahme von Hirninfarkten festgestellt. Daher vermuten die Wissenschaftler, dass die Schädigung der Hirnsubstanz nicht allein auf eine frühzeitige Arteriosklerose zurückzuführen sei. Als Grund für die gemessene Hirnatrophie könnte auch eine direkte Schädigung der Nervenzellen, wie sie auch bei neurodegenerativen Erkrankungen (z. B. Morbus Alzheimer) beobachtet wurde, angenommen werden.
In der Eingangsuntersuchung hatten Teilnehmer mit guten Blutzuckerwerten die geringsten Einbußen bei den Nervenzellen. Da die Kernspinuntersuchungen jedoch nur zu Beginn der Studie durchgeführt wurden, bleibt offen, inwiefern eine strenge Kontrolle und damit eine Verbesserung der Blutzuckerwerte auch zu einem besseren Zustand des Gehirns beitragen könnte. Da übergewichtige Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 jedoch häufig auch erhöhten Blutdruck und erhöhte Blutfettwerte aufweisen, was eine Arteriosklerose ebenfalls begünstigt, ist eine Verbesserung des gesamten Lebensstils anzuraten.